Stressbewältigung und Adrenalin

(American Kenpo Karate Ass. Theoriekomplex)

 

Wer kennt nicht die Legenden von Menschen in höchster Not, die scheinbar
unmenschliche Kräfte entwickeln können? Wer ist nicht erstaunt, welche Strapazen ein Mensch im Kriegsfalle aushalten kann? Viele Trainer, gerade in den Kampfkünsten, reden von Adrenalin, kaum einer weiß um die Zusammenhänge.

 
Es existiert eine "Kraft", die dem Menschen in bestimmten Situationen buchstäblich "Flügel" verleiht. Die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen hierüber gab es in den 20er Jahren. Man entdeckte, dass im menschlichen Körper in Stresssituationen Reaktionen abliefen, die den Körper auf zwei Reaktionen vorbereitete entweder auf Gegenwehr und Kampf (Ausschüttung von Noradrenalin) oder auf Flucht (Ausschüttung von Adrenalin). Dieses nannte man "fight-or-flight-syndrome".

 

Gesteuert wird alles durch das sog. "Stresszentrum", dem Hypothalamus. Er kontrolliert nicht nur das autonome Nervensystem, er aktiviert auch die Hypophyse. Eine Vielzahl von Hormonen werden dadurch aktiviert, sie machen es möglich gefährlichen Situationen zu bestehen oder zu überleben.

 

 


Die Reaktionen des Körpers

 

autonomes Nervensystem
(Hormone: u.a. Adrenalin/ Noradrenalin)

Hypophyse
(Hormone: u.a. TTH/ ACTH)

reguliert die Aktivitäten der Körperorgane wie:

 


- Geschwindigkeit der Atmung
- Geschwindigkeit des Herzschlages
- Verengung der Blutgefäße
- Blutdruck
- öffnen der Luftwege durch Hals und Nase, um mehr Luft in die Lungen zu lassen

- Veränderung des Gesichtsausdruckes
- Einstellung der Verdauung

 

Ausschüttung von Adrenalin

(auch "Epinephrin")

Adrenalin und Noradrenalin weisen Organe für bestimmte Reaktionen an:

Milz

Aktion

Effekt

Ausschüttung von
mehr roten
Blutkörperchen

unterstützt im Fall einer
Verletzung die
Blutgerinnung

Knochenmark

Aktion

Effekt

Produzieren von mehr
weißen
Blutkörperchen

Bekämpfung von
Infektionen

Leber

Aktion

Effekt

Steigerung der
Zuckerproduktion

mehr Energie für den
Körper

 

 

reagiert auf Signale aus dem Hypothalamus mit der Ausschüttung von zwei Hormonen:


thyrotrophe Hormon (TTH)
Anregung der Schilddrüse zur Bereitstellung
von mehr Energie.

adrenocorticotrophe Hormon (ACTH)
Stimulierung von Teilen der Nebennieren für die Ausschüttung von weiteren Hormonen zur Stimulierung der Ausschüttung weiterer Hormone die dem Körper Nutzen in Stresssituationen

 


Die Stressreaktionen des Körpers

 

 

·       Pupillen erweitern sich

·       Blutgefäße der Haut, Skelettmuskulatur, Gehirn und Eingeweide ziehen sich zusammen

·       Schweißbildung verstärkt sich

·       Bronchien dehnen sich aus

·       Herzschlagrate wird erhöht

·       Körperbehaarung "richtet sich auf"

·       durch Adrenalinausschüttung erhöhter Blutzucker, Blutdruck und Herzschlag

·       Verringerung der Ausschüttung von Verdauungsflüssigkeiten

·       Verdauungstrakt verlangsamt die Peristaltik

·       Zuckerausschüttung der Leber

·       Ausschüttungen aus der Pankreasdrüse werden verringert

·       Harnblase entspannt sich

·       Analer Schließmuskel kontrahiert

·       Blutgefäße der äußeren Genitalien erweitern sich


 

 

Die hier aufgezeigten Reaktionen werden durch äußere Bedrohungen hervorgerufen. Sie dienen zum Schutz des Körpers und seiner Erhaltung. Berichte, die von Ertrinkenden behaupten, dass sie plötzlich unmenschliche Kräfte entwickeln können, sind Ergebnisse dieser Reaktionen. Vom Gehirn kontrollierte physiologische Stressreaktionen können entstehen wenn äußere Gefahren entstehen, aber auch wenn innere Gefahren bevor stehen, wie z.B. durch Krankheitserreger. In beiden Fällen wirken zwei Faktoren helfend, die eben genannte unbewusste Stressreaktion und die bewusste Stressreaktion. Eine von beiden steht nie für sich allein, es wirken immer beide Reaktionen. Je besser die bewusste Reaktion in die jeweilige Situation eingepasst wird, desto größer ist die Chance, das der Stress schnell abgebaut wird. Bewusste Reaktionen können antrainiert werden.

 

 

 

unbewusste Stressreaktion

bewusste Stressreaktion

(geistig)

körperlich

geistig

 

wie oben
erläutert

siehe auch den Artikel
„Unterbewusstsein“

- kontrollierte, der Situation angepasste, Taktik zur Verringerung des Stresses (z.B.:  Änderung oder Anpassung des Verhaltens, Unterdrückung von "Wutreaktionen")

- angepasste Bewegung zur
Bedrohung (z.B.: Abwehrbewegung gegen einen Angriff)

 


Ob Sieg oder Niederlage entscheidet sich in enger Zusammenarbeit von unbewusster und bewusster Stressreaktion, gleich ob im normalen Alltag (z.B.: lösen von Aufgaben in der Firma), beim Militär (z.B.: Bewältigung von Konflikten) oder in der Kampfkunst (z.B.: im Kampf Mann gegen Mann).

 

Da die bewusste Stressreaktion die Unbewusste beeinflussen kann, ist es wichtig Stresssituationen ständig zu trainieren. Um mit Stress umgehen zu lernen, muss man mit ihm trainieren. In der Selbstverteidigung könnte im Dojo nie eine 100% realistische Situation erzeugt werden, aber wenn man es schafft mit 60% zu trainieren, hat man schon viel erreicht.

 

Aus dem militärischen Bereich ist bekannt, dass es einige Ausbildungsmethoden gibt, Einsatzkräfte an eine Feindeinwirkung durch Schusswaffen zu gewöhnen. Dazu sitzen die Rekruten in einer Reihe am Boden und der Ausbilder schießt mit seiner Waffe dicht über die Köpfe der Leute hinweg. Die Angehörigen der SAS (Spezial Air Service, Eliteeinheit der Briten) werden an Geschoßeinschläge im Sand gewöhnt, indem sie sich gegenseitig mit Sand bewerfen. Beides bestimmt keine sehr angenehmen Ausbildungsmaßnahmen, aber immer noch keine 100% Realität! Aber viele dieser Übungen im Gesamtbild formen den Menschen und verändern seine Reaktionen. Stressstabilität kann einem Schwächeren helfen einem körperlich Stärkeren überlegen zu sein

 


Hypothalamus = Teil des Zwischenhirns, der wichtige Vorgänge im Körper steuert (Wärmeregulation, Wach- und Schlafvorgänge, Blutdruck- und Atmungsablauf, Stoffwechsel und Schweißsekretion

 

autonomes Nervensystem = zweiter Bestandteil des peripheren Nervensystem, regelt Körperaktivitäten

 

Hypophyse = Hirnanhangdrüse, wichtiges Organ der inneren Sekretion und übergeordnetes hormonelles Steuerzentrum
des Körpers

Peristaltik = spiralförmiges Zusammenziehen muskulöser Hohlorgane, um ihren Inhalt vorwärts zu bewegen

Pankreasdrüse = Bauchspeicheldrüse

 


Nachdruck, Vervielfältigung und Verwendung nach vorheriger Nachfrage, schriftlicher Bestätigung und sichtbarer Nennung der Quelle: www.kenpo-berlin.de möglich.