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Physik der Technik

Ein kurzer Exkurs in die Wissenschaft.

Wer hat nicht das Bild von einem bretterdurchschlagenden Karatekämpfer vor Augen, oder hatte es zu mindestens einmal? Ich denke jeder. Dieser Anblick ist trotzdem noch so ungewöhnlich, daß einige denken, es sei ein Trick im Spiel. Das trifft jedoch im Normalfall nicht zu: Schon ein Anfänger könnte so einen sogenannten "Bruchtest" durchführen.

Die Physik der Karatetechnik ist ein faszinierendes Thema, das sich mit den physikalischen Prinzipien beschäftigt, die hinter den beeindruckenden Bewegungen und Techniken von Karate stehen. Hierbei spielen Mechanik, Energieübertragung und Biomechanik eine zentrale Rolle. Im Folgenden einige physikalische Aspekte:

 

1. Kraft und Impuls

Kraft (Newton’s 2. Gesetz): Eine Technik im Karate, wie ein Schlag oder Tritt, erzeugt eine große Kraft in kurzer Zeit. Die Formel (Kraft = Masse × Beschleunigung) erklärt, warum ein Schlag effektiv ist: Je größer die Masse und Beschleunigung, desto mehr Kraft wird erzeugt.

Impuls: Ein Karateka nutzt den Impuls seines Körpers, um maximale Energie auf ein Ziel zu übertragen. Beim Auftreffen auf das Ziel wird der Impuls in kurzer Zeit reduziert, was eine hohe Kraftwirkung erzeugt.

 

2. Energieübertragung

• Karate-Techniken zielen darauf ab, möglichst viel kinetische Energie () auf ein Ziel zu übertragen.

• Eine effektive Technik nutzt die gesamte Körpermasse und Körperbewegung, um Energie zu maximieren. Dabei wird Energie aus den Beinen, Hüfte und Oberkörper auf die Schlaghand oder den Fuß übertragen.

 

3. Hebelwirkung

• Hebelgesetze spielen eine entscheidende Rolle. Eine ausgestreckte Faust wirkt wie ein Hebelarm, der die Kraftwirkung maximiert. Durch die richtige Position der Gelenke (Ellbogen, Schulter, Hüfte) wird die Hebelwirkung optimiert.

 

4. Schwerpunkt und Stabilität

• Ein tiefer Schwerpunkt und eine stabile Körperhaltung sind essenziell, um die erzeugte Kraft zu stabilisieren und Gegenkräfte auszugleichen.

• Durch das richtige Kippen der Hüfte und das “Erdverbinden” mit den Beinen erhöht sich die Stabilität, wodurch der Karateka mehr Energie auf das Ziel übertragen kann.

 

5. Stoßwellen und Aufprallphysik

• Beim Bruchtest (z. B. Zerschlagen von Holz oder Ziegeln) erzeugt der Schlag eine Stoßwelle, die das Material spaltet. Die effektive Energieübertragung erfolgt nur, wenn der Schlag in einer kurzen Zeitspanne auf eine kleine Fläche konzentriert wird.

 

6. Biomechanik der Rotation

• Hüftrotation (torque) ist ein Schlüsselfaktor und der Motor der Technik. Durch die Drehung der Hüfte wird zusätzliche Energie erzeugt (Drehimpuls). Diese Rotation multipliziert die Geschwindigkeit und damit die Energie der Technik.

 

7. Optimale Technikausführung

• Timing: Die maximale Kraft wird erzielt, wenn der Körper bei Kontakt vollständig entspannt ist und sich dann plötzlich versteift.

• Atmung: Das richtige Atemmanagement (z. B. “Kiai”) verstärkt die Stabilität und den Fokus, was wiederum die Energieübertragung verbessert.

 

Karate basiert also auf der perfekten Kombination von Körperbeherrschung, Physik und mentalem Fokus. Jede Bewegung folgt logischen, physikalischen Prinzipien, die durch Training und Präzision optimiert werden können.

 

 

Man hat untersucht, wie Karateka mit der ungeschützten Hand Platten aus Holz oder Beton zerschlagen können, ohne sich dabei zu verletzen. Man fand heraus, daß die Hand des Karateka eine Spitzengeschwindigkeit von 10 bis 14 Meter pro Sekunde erreicht und eine Kraft von über 3000 Newton erzeugen kann (entspricht einem Gewicht von 306 Kilogramm). Es ist hier eine Frage der Technik: Wird die Hand richtig gehalten, übersteht sie den Aufprall ohne Probleme.

 

Obwohl es in keiner Weise zum Wesen des Karate gehört, Bruchteste zu trainieren oder durchzuführen, wollen wir uns aber einmal damit befassen. Den es ist ganz interessant, wieviel Energie ein Karateschlag doch auf sein Ziel überträgt. (siehe nachfolgende Tabelle)

 

 

Karatetechnik

Spitzengeschwindigkeit

in Meter pro Sekunde

Gerader Fauststoß

5,7 - 9,8

Hammerfaustschlag

10 - 14

Handkantenschlag

10 - 14

Fußstoß mit Körperdrehung

7,3 - 10

Gerader Fußstoß

9,9 - 14,4

Seitlicher Fußstoß

9,9 - 14,4

 

 

In dem Augenblick indem die Hand aufschlägt, ist die Hand Kräften ausgesetzt, die dem Vierhundertfachen ihres Gewichts entsprechen. Warum wird sie durch diese Kräfte nicht verletzt?

 

Das liegt zum Teil daran, daß Knochen widerstandsfähiger sind als Beton: ein Knochen hat eine mehr als vierzigmal so große Bruchspannung wie ein Betonstück.

 

Legt man einen zylindrischen Knochen von zwei Zentimeter Durchmesser und sechs Zentimeter Länge mit seinen Enden auf zwei Stützen, so kann man ihn in der Mitte mit 25 000 Newton (also 2500 Kilogramm) belasten, ohne das er bricht. Das ist das Achtfache der Kraft, die die Betonplatte auf die Hand des Karateka ausübt. Tatsächlich aber, kann die Hand weitaus größere Kräfte aushalten, denn ihre Knochen sind beweglich und können sich bei einem Aufprall gegeneinander verschieben und ein Teil der Kräfte an Bindegewebe und Muskeln abgeben.

 

Nachdruck, Vervielfältigung und Verwendung nach vorheriger Nachfrage, schriftlicher Bestätigung und sichtbarer Nennung der Quelle: www.kenpo-berlin.de möglich.